Noch bis zum 20.06. kann man sich gegen die Laufzeitverlängerung der AKW Tihange und Doel äußern (mehr hier), nachfolgend meine Äußerung. Vorher noch der Hinweis, dass man sich bei der Nutzung des Webformular durch mehrere Seiten klicken muss.
Nachfolgen, die für mich fragwürdigen Punkte in den Unterlagen ohne besondere Reihenfolge
Es wird bezweifelt, dass die staatliche Stelle FANK ein unabhängige Beurteilung trifft, welche nicht von den Zielen der belgischen Regierung beeinflusst wird. Da eine Atomkatastrophe erhebliche Auswirkungen hat reicht die Binnenbeurteilung nicht aus, sondern eine Beurteilung muss durch unabhängige Dritt erfolgen.
Die Abschaltung fossiler Kraftwerke in Deutschland geht einher mit der Umstellung auf Erneuerbare und stellt keinerlei Grund für eine Laufzeitverlängerung maroder belgischer AKW dar.
Die Verlängerung ist nicht notwendig, da in der vorgesehen Zeit ausreichende Kapazitäten von Wind und Photovoltaik in Belgien geschaffen werden können. AKW sind deutlich teurer, bei vollständiger Kostenbilanz inklusive der Kosten nach einer Katastrophe.
Die Sicherheitsunterlagen sind nicht einsehbar, sodass nicht bewertet werden kann, welcher Schutz gegen Flugzeuge und andere äußere Einwirkungen besteht. Auch die erhöhte Alterung der Materialien durch die Strahleneinwirkungen wird nicht betrachtet.
Die Aussage: „Hinsichtlich des Alterungsmanagements geht die Sicherheitsbehörde (FANK) davon aus, dass die großen mechanischen Komponenten (Reaktorbehälter, Reaktordeckel, Dampferzeuger) nicht ausgetauscht werden müssen“ heißt, dass man nicht weiß ob es notwendig ist und einfach eine Annahme trifft, die scheinbar nicht auf fundierten Fakten basiert. Die Sicherheit von Millionen von Menschen darf niemals auf Bauchgefühl basieren.
Die Aussage: „Bei der Spaltung entstehen Spaltprodukte und Neutronen“ in der Zusammenfassung ist unwahr, da immer Gammastrahlung entstehen und durch die Neutronen auch die Materialien in der Umgebung radioaktiv aktiviert werden.
Es wird nichts darüber gesagt, welche Stoffe in welcher Größenordnung freigesetzt werden.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist nur eine Ausrede für die Laufzeitverlängerung. Je länger ein AKW läuft desto höher wird die Wahrscheinlichkeit für eine Summation von Fehlern, die in einer Katastrophe enden.
Die Behauptung „Die Kapazitäten für erneuerbare Energien sind noch nicht ausreichend entwickelt,“ ist unwahr. Deutschland beweist hier, dass es geht. Es gibt weltweit genügend Beispiele, die zeigen, dass es keine Probleme gibt, wenn man will. Es gibt also durchaus Alternativen, welche nicht richtig geprüft wurden, weil man die für ENGIE gewinnträchtigste Lösung wählt.
Mit erneuerbaren Energien gibt es keine Eutrophierung. Mit AKW gibt es dagegen eine Verschlechterung der Gewässer durch weitere Aufheizung, wie man bereits in Frankreich sieht. Nach EU-WRRL darf es zu keiner Verschlechterung kommen, bei Tihange heißt es, dass es lediglich keine starken Beeinträchtigungen geben würde.
Es wird nicht ausgeführt, warum fossile Energieträger genutzt werden müssten, da es ausreichend Vorlaufzeit gibt. Weiterhin wird Energieeinsparung gar nicht thematisiert, obwohl es hier durchaus Potentiale in allen Ländern gibt. Stattdessen wird mit dem Ist-Verbrauch gerechnet. Auch dies muss im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung geprüft werden. Ebenso, wie man mit marktwirtschaftlichen Mechanismen (Preiserhöhung für Strom) den Verbrauch senken kann. Der Zeitraum Februar 2022 bis Mai 2023 hat in Deutschland bewiesen, dass der Preis einen starken Motivator zu Energieeinsparung darstellt. Dass Energieeinsparung gar nicht betrachtet wurde, zeigt deutlich, dass es hier ausschließlich um Gewinnoptimierung von ENGIE geht und nicht um Notwendigkeiten.
Die Behauptung „Innerhalb der zeitlichen Perspektive der Verlängerung der Laufzeit sind auch beide Standorte selbst nicht anfällig für die Folgen des Klimawandels“ stimmt nicht. Bereits heute hat Frankreich Problem durch die zunehmende Dürren durch die Klimaerwärmung in Europa, dies wirkt sich auch in Deutschland und Belgien aus. Es ist mit ausgetrockneten/stark verringerten Flüssen zu rechnen.
Die Behauptung: „Was die Risikowahrnehmung in Bezug auf nukleare Unfälle angeht, so kann man sagen, dass es zwar eine solche Risikowahrnehmung gibt, aber kein nachweisbarer Zusammenhang mit psychosomatischen Auswirkungen besteht“ ist unwahr. Das Stress zu Erkrankungen führt ist wissenschaftlich belegt. Dass die nukleare Bedrohung durch den Weiterbetrieb zu Stress führen kann ist ebenfalls zweifelsfrei belegt, demnach ist der Beweis erbracht, dass Menschen allein durch den Weiterbetrieb in ihrer Gesundheit geschädigt werden. Wie stark diese Auswirkungen sind, wurde nach den Unterlagen nicht untersucht.
Dies Passage: „Die Dosis durch direkte Strahlenexposition an der Grenze zu und außerhalb der Standorte ist sehr gering und nicht nachweisbar“ ist schwachsinnig. Entweder ist diese gering oder nicht nachweisbar, Beides gleichzeitig geht nicht. Davon abgesehen ist der Nachweis einzig und allein eine Frage, der Fläche und der Zeit. Alpha- und Beta-Strahlung könnte nur bei stofflicher Freisetzung nach außen dringen. Gammastrahlung und Neutronenstrahlung dagegen geht sehr weit. Da man weiß was im Reaktor freigesetzt wird, kann man auf dieser Basis und der Abschwächung durch Materialien ausrechnen, wie viel das Betriebsgelände verlässt, wobei die kritische Frage ohnehin nicht der Normalbetrieb ist, sondern die Katastrophe.
Man muss zudem immer berücksichtigen, dass grundsätzlich bereits ein Ionisierungsvorgang Krebs auslösen kann. Es gibt keine Schwelle unterhalb derer Strahlung ungefährlich ist, wobei die Kompensation wahrscheinlicher ist.
Man hat bei den Unfallszenarien, nicht den Wost-Case von einem vorsätzlichen Einflug von vollbetankten Passagiermaschinen der höchsten Gewichtsklasse betrachtet.
Die Auswirkungen auf den Klimaschutz durch einen schwerwiegenden Störfall wurden nicht betrachtet. Nach einer Evakuierung der verseuchten Zone setzt in den anderen Bereichen ein verstärkter Flächenfraß durch Bautätigkeit ein. Zudem setzen auch die Baumaterialien CO2 und andere klimaschädliche Stoffe frei. In der Gesamtbilanz ist ein Super-GAU extrem klimaschädlich. Klimaschädigung hat nicht nur grenzüberschreitende Auswirkungen, sondern tötet bereits heute weltweit Menschen.
Die Ausbreitung der Falloutwolke nach einem Super-GAU wird durch Windgeschwindigkeit und Windrichtung beeinflusst. Bei trockener Witterung ist diese größer, als bei Regen. Auch die Art des GAU beeinflusst erheblich, wie viel im welchen Umfeld freigesetzt wird.
Auf die Freisetzung von Tritium, welches sogar in den menschlichen Körper eingebaut wird, wurde nicht in Hinblick auf die erhebliche Gefährdung eingegangen. Zudem ist Tritium deutlich schwerer messbar.
Der Austausch von Teilsystem durch Obsoleszenz verringert nicht das Risiko, sondern erhöht Risiken bzw. lässt neue Risiken entstehen, weil Teile sich u. U. nicht ausreichend sicher ins Gesamtsystem einfügen.
Die Auswirkung Boden durch SuperGAU fehlt.
Die Abbildungen (u. a. 21) in den Langfassung zur Freisetzung zeigen auch eine Betroffenheit von Duisburg im Falle eines SuperGAUs.
Es wurden nur Cs-137 und Iod-Isotope betrachtet. Die anderen Isotope, die freigesetzt werden können sind erheblich und wirken sich ebenfalls auf die Gesundheit aus. Dazu zählen neben den Zerfallsreihen von Uran-Isotopen auch die durch Neutronen aktivierten Stoffe.
Die Auswirkungen der Wasserversorgung unter Berücksichtigung Klimaerwärmung wurde nicht betrachtet, obwohl bereits heute erhebliche Auswirkungen vom Mittelmeer bis Deutschland spürbar sind. Frankreich hat erhebliche Probleme mit der Wasserversorgung. Die schädliche Erwärmung von Flüssen ist zudem nicht mit der EU -WRRL vereinbar. Die Erwärmung von Wasser verändert dessen chemischen und physikalischen Eigenschaften. Die Verdunstung erhöht sich, die Löslichkeit von Gasen sinkt. Dazu kommen dann noch die Auswirkungen durch die Klimaerwärmung. Auch scheinbar nur kleiner Veränderungen können genau der zusätzliche „Tropfen“ sein, welche erhebliche Auswirkungen verursacht, die nicht mehr von Fauna und Flora kompensiert werden können. Zudem kann es additive und multiplikative Effekte der verschiedenen Einleitungen geben. Hitzestress und radioaktive Stoffe können zusammen deutlich mehr Schäden verursachen, als die Einzelbetrachtung vermuten ließe.
Auch extreme Hochwasser sind möglich, die ebenfalls Gefährdungen verursachen können, wie man bei Fukushima sieht.
In den Unterlagen wird nicht auf die Herkunft des Uran eingegangen. Das heißt dieses könnte auch aus russland stammen. Durch den Weiterbetrieb würden demnach die antidemokratischen Bestrebungen russlands weiter finanziert und das russische Terrorregime gestützt. Zu den Umweltauswirkungen zählt im weiteren Sinne auch Krieg, der durch Belgien unterstützt wird, wenn das Uran aus russland kommt. Das heißt durch den Weiterbetrieb werden in dem Fall Menschen in der Ukraine getötet. Auch wenn Belgien nicht in russland kaufen sollte, muss das Uran aus anderen Quellen stammen, die entweder aus Staaten stammen, die russland nahe stehen oder zu anderen Käufern von russischen Uran führen. So oder so ist Belgien mitschuldig.
In Abbildung 66 geht eine erhöhte Dosis über Feldern nieder. Werte liegen hier bei teilweise 0,09 µSv/h => 0,8 mSv/a. Wobei diese Werte wenig über die reale Gefährdung aussagen. Denn die Dosis von außen auf den menschlichen Körper ist anderes zu bewerten als Inkorporation. Je nach Isotop können die Stoffe hier in den Nahrungskreislauf gelangen. Innerhalb des Körper sind Alphastrahler höchstgefährlich. Bei den verschiedenen Isotopen ist die biologische Einbauwahrscheinlichkeit zu betrachten, die von den chemischen Eigenschaften der jeweiligen Elemente/Verbindungen abhängt. Auffällig ist auch, dass nur Beta- und Gammastrahler erwähnt werden, obwohl Alphastrahler in der Lunge deutlich gefährlicher sind.
Die dargestellten Infraschallsender wurden nicht in Hinblick auf die Auswirkungen auf den Menschen ausreichend untersucht. Auch Infraschall ist in Hinblick auf Lärm zu untersuchen.
Zur Erdbebengefahr für AKW steht nichts in den Unterlagen. Wenngleich Erdbeben vielleicht selten sein mögen kann es durchaus, ausgehend von der Eifel schwere Erdbeben geben. Zumal in der Langfassung steht, dass Erdbeben möglich sind, allerdings wurde dies nur in Hinblick auf die Lagereinrichtungen geprüft.
Terroristische Bedrohungen, welche erhebliche Umweltauswirkungen haben können, wurden entweder nicht betrachtet oder stehen nicht in den Unterlagen. Abgesehen von Anschlägen mit schweren Passagiermaschinen sind etwa Anschläge mit panzerbrechender Munition oder auch Cyberangriffe denkbar. All dies erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen SuperGAU. Zumal bereits IS-Terroristen in belgischen AKW aktiv waren: https://www.telepolis.de/features/IS-Terrorist-im-belgischen-AKW-Hochsicherheitsbereich-3379192.html
Proliferation von Kriegswaffen durch den russischen Angriffskrieg oder durch russische Förderung von Terrorismus sind ebenfalls denkbar.
Fazit ist, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung völlig unzureichend ist und wesentliche Risiken nicht betrachtet wurden. Zudem fehlen wichtige Informationen.