Vor einiger Zeit schrieb ich der Bezirksregierung Düsseldorf, weil die Stadt Duisburg nicht das unnötige Überholverbot auf dem Flutweg abschafft bzw. nicht auf Aufforderungen dazu reagiert. Die Antwort dazu war ziemlich befremdlich. Man will scheinbar nichts unternehmen, weil man sich auf die rechtlich völlig unzureichende Antwort der Stadt Duisburg verlässt, obwohl offensichtlich ist, dass vieles nicht stimmt.
Das Schreiben der Bezirksregierung ist unten, nachfolgend meine Antwort:
Sehr geehrte***,
über Ihre Antwort bin ich doch sehr verwundert. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass die BRD sorgfältig prüft und nicht unreflektiert die Behauptungen der Stadt Duisburg übernimmt.
„In den übrigen Abschnitten des Flutweges dürfen unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben, welche sich aus §5 StVO ergeben, Überholvorgänge durchgeführt werden. Hierfür steht den Verkehrsteilnehmenden eine Fahrbahnbreite von ca. 5,75 m zur Verfügung. Die Fahrbahn umfasst einen 1,25 m breiten Schutzstreifen sowie eine Restfahrbahn von 4,50 m Breite.“
Auf einer Straße, welche von der Stadt Duisburg als Hauptverkehrsstraße betrachtet wird und die einen signifikanten Anteil an Schwerlastdurchgangsverkehr hat, ist diese Breite unzureichend.
StVO Anlage 3 (zu § 42 Absatz 2) Richtzeichen lfd. Nr. 22 führt aus:
„Wer ein Fahrzeug führt, darf auf der Fahrbahn durch Leitlinien markierte Schutzstreifen für den Radverkehr nur bei Bedarf überfahren, insbesondere um dem Gegenverkehr auszuweichen. Der Radverkehr darf dabei nicht gefährdet werden.“Gemäß der einschlägigen Rechtsprechung betont der Begriff Bedarf den Ausnahmecharakter, auf dem Flutweg ist Überfahren der Schutzstreifen allerdings ein Dauerzustand. Die primäre Beschränkung ist auf den Gegenverkehr, eine Nutzung zur Überholung wird diesem Ausnahmecharakter nicht gerecht und ist damit offensichtlich unzulässig.
Weiterhin sind in diesen Bereich zwei Schulen. Das heißt zu den Stoßzeiten gibt es hier ein erhebliches Gefährdungspotential, da bekanntlich Autofahrende zu einem signifikanten Anteil gegen Verkehrsregeln verstoßen. Ich verweise hierzu auf Urteil:
„VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 20.05.2019 – 3 K 272/18.NW“, welche klar darlegt, dass man nicht warten darf, bis es Tote unter Verletzte gibt, sondern sofort zu handeln ist, wenn eine Lebensgefahr besteht.Davon abgesehen entspricht der Schutzstreifen nicht dem aktuellen Stand:
https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm
Das heißt, wenn von den aktuellen rechtlichen Vorgaben abgewichen wird, besteht zwar eine Art Bestandsschutz, bei der Gefährdungsbewertung ist dies aber entsprechend zu berücksichtigen. Dass man dies gemacht hat geht aus ihrem Schreiben nicht hervor. Die Stadt Duisburg hat ja nicht einmal Verkehrszahlen geliefert.„Sofern es erforderlich ist und eine Gefährdung des Radverkehrs ausgeschlossen ist, darf auch der Schutzstreifen zum Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen, außerhalb des Nahbereichs der Schule, benutzt werden. Gem. §5 Abs. 4 StVO muss allerdings innerorts bei Überholvorgängen von Fußgehenden, Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugen (wie z.B. E-Scootern) ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,50 m eingehalten werden.“
Aus welcher Rechtsquelle geht hervor, dass der Schutzstreifen zum Überholen genutzt werden darf? Alle Rechtsquellen, die ich konsultiert habe, betonen den Ausnahmecharakter des Überfahrens des Schutzstreifens, womit der Bedarf zum Überholen negiert wird.
„Des Weiteren würde ein Überholverbot von Radfahrenden den fließenden Verkehr auf dem Flutweg gravierend beeinträchtigen.“
Radfahrende sind auch fließender Verkehr, der Abstand kann nicht eingehalten werden, wegen ständigen Gegenverkehr mit Schwerlastanteil. Es gilt § 1 StVO wonach die Gefährdung ausgeschlossen werden muss und Beeinträchtigungen sekundär sind. Durch die Gesamtumstände gilt ohnehin bereits jetzt ein Überholverbot für Radfahrende, was allerdings permanent missachtet und nicht kontrolliert wird.
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit in dem fraglichen Bereich ist Tempo 30, dies allerdings nach StVO § 3 nur unter optimalen Bedingungen. Der § 3 betont auch den besonderen Schutz von Kindern. Zu Zeiten des Schulverkehrs gilt demnach also offensichtlich eine niedrigere Maximalgeschwindigkeit. Insbesondere vor der Gemengelage einer sehr engen Straße, die nur für den ÖPNV ins Vorbehaltsnetz aufgenommen wurde, mit viel Verkehr inkl. Schwerlastverkehr von der Autobahn zum Logport (Durchgangsverkehr) mit Container-LKW.
„In Bezug auf die Gewährleistung der Verkehrssicherheit für den Radverkehr und Schülerinnen sowie Schüler kann nach Rücksprache mit der Polizei mitgeteilt werden, dass bei keinem der bekannten Verkehrsunfälle, ein unzureichender Seitenabstand, ursächlich war und keine Radfahrenden beteiligt waren.“
Ob Unfälle eingetreten sind ist völlig irrelevant (vgl. Urteil), es zählt einzig die latente Gefahr, die sich aus der Gemengelage ergibt. Das bisher alles gut gegangen ist, ist kein Grund, dass es so bleibt. Um dies belegen zu können wäre eine tiefgehende Verkehrsgefährdungsanalyse notwendig, die insbesondere ähnliche Gemengelagen mit einschließt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob am konkreten Ort ein Unfall eingetreten ist, sondern irgendwo in Deutschland bei ähnlichen Bedingungen. Wir können ja gerne mal gemeinsam mit dem Fahrrad dort lang fahren.
„Die Ausführungen der Stadt Duisburg sind nach meiner Prüfung aus verkehrstechnischer und –rechtlicher Sicht aufsichtlich nicht zu beanstanden.“
Ich lasse das mal so stehen.
„Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass die Stadt Duisburg sich der „Notwendigkeit der Mobilitäs- und Verkehrswende“ bewusst ist und die dafür nötigen Maßnahmen, welche ebenso in Ihrem Interesse sind, anstrebt. Die Verkehrssicherheit ist dabei, insbesondere für die schwachen Verkehrsteilnehmer, von besonderer Bedeutung.“
Das sind hohle Floskeln, die sich mit den diversen realen Erfahrungen nicht decken. Bei Baustellen stehen regelmäßig Schilder unzulässig auf Rad-/Gehwegen und blockieren den Verkehr. Überleitung des Radverkehrs gibt es nie. Oft ist die Beschilderung verwirrend und manchmal sogar falsch. Es gibt genügend Radfahrende, welche die erhebliche Fehlleistung der Stadt Duisburg in diesem Bereich bezeugen können. Einige sind BBC beteiligt.
Mit friedlichen Grüßen
Ulrich Scharfenort (Duisburg-Rheinhausen)
Nachfolgend das Schreiben der Bezirksregierung, welches mir doch sehr AUTOkratisch klingt:
Sehr geehrter Herr Scharfenort,
in den beigefügten Mails setzen Sie sich für eine Änderung der Beschilderung auf dem Flutweg und die Integration des Flutweges in die bestehende Tempo-30 Zone ein.
Bezüglich Ihres Anliegens wurde eine Stellungnahme seitens der Stadt Duisburg als örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde eingeholt:
Anlässlich des Schulwegsicherungserlasses aus dem Jahr 1992 wurde das Überholverbot von mehrspurigen Kraftfahrzeugen auf dem Flutweg im Bereich vom Kahlacker bis zur Jakobstraße in Duisburg-Rheinhausen angeordnet. Seit jeher dient dieses Überholverbot der verbesserten Fahrbahnquerung und der Gewährleistung der Verkehrssicherheit in den unmittelbaren Nahbereichen der Schulen. Das Überholen mehrspuriger Kraftfahrzeuge im Nahbereich der Schule ist auch weiterhin untersagt.
In den übrigen Abschnitten des Flutweges dürfen unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben, welche sich aus §5 StVO ergeben, Überholvorgänge durchgeführt werden. Hierfür steht den Verkehrsteilnehmenden eine Fahrbahnbreite von ca. 5,75 m zur Verfügung. Die Fahrbahn umfasst einen 1,25 m breiten Schutzstreifen sowie eine Restfahrbahn von 4,50 m Breite. Sofern es erforderlich ist und eine Gefährdung des Radverkehrs ausgeschlossen ist, darf auch der Schutzstreifen zum Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen, außerhalb des Nahbereichs der Schule, benutzt werden. Gem. §5 Abs. 4 StVO muss allerdings innerorts bei Überholvorgängen von Fußgehenden, Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugen (wie z.B. E-Scootern) ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,50 m eingehalten werden.
Die Anordnung von Verkehrszeichen, wie das geforderte VZ 277.1, muss auf Grundlage der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen erfolgen. So sind u. a. nach § 45 Abs. 9 Satz 1 der StVO nur dort Verkehrszeichen anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Darüber hinaus gilt die gemäß § 39 Abs. 1 StVO die Verpflichtung, die allgemeinen und besonderen Verhaltensvorschriften der StVO eigenverantwortlich zu beachten. Angesichts dessen werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Des Weiteren würde ein Überholverbot von Radfahrenden den fließenden Verkehr auf dem Flutweg gravierend beeinträchtigen.
Das Überholen ist im vorliegenden Fall durch die allgemeinen Vorschriften und den bereits bestehenden Regelungen abschließend geregelt und es liegen somit keine zwingenden Gründe für eine Änderung der Beschilderung vor.
In Bezug auf die Gewährleistung der Verkehrssicherheit für den Radverkehr und Schülerinnen sowie Schüler kann nach Rücksprache mit der Polizei mitgeteilt werden, dass bei keinem der bekannten Verkehrsunfälle, ein unzureichender Seitenabstand, ursächlich war und keine Radfahrenden beteiligt waren.
Im Zuge des Schulwegsicherungserlasses wurde 1992 ebenfalls eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h im Nahbereich der Schule vollzogen. Unter Berücksichtigung des §5 StVO wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit im gesamten Abschnitt auf 30 km/h abgesenkt. Eine Erweiterung dieses Tempo-30-Streckenabschnitts konnte 2018 aufgrund einer Gesetzesänderung, u.a. durch das Bestehen eines ansässigen Altenheims, erfolgen. Die Einrichtung von Tempo-30-Zonen erfolgt jedoch auf Grundlage des § 45 Abs. 1c StVO und steht nicht im Zusammenhang mit den erteilten Tempo-30-
Streckenregelungen. Es gibt auch keinen zwingenden Grund, Straßen, auf denen auf Grundlage der StVO eine streckenbezogene Geschwindigkeitsreduzierung eingeführt wurde, in bereits vorhandene Tempo-30-Zonen zu integrieren.Die Einrichtung einer Tempo-30 Zone erfolgt auf Grundlage des § 45 Abs. 1c StVO. Hierbei gibt es bestimmte Vorgaben, die es den Verkehrsteilnehmenden ermöglichen sollen, das Geschwindigkeitsniveau bereits am Straßenausbau erkennen zu können. Hierzu zählt unter anderem die Vorgabe, dass an Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone grundsätzlich die Vorfahrtregel nach StVO § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten soll und dass keine Fahrstreifenbegrenzungen und Leitlinien vorhanden sein dürfen. Dies trifft auf den Flutweg nicht zu.
Die Stadt Duisburg ist sich der Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in der Stadt Duisburg zu erhöhen, bewusst bzw. dies ist erklärtes Ziel. Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen wird als integrierter Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume gesehen. Im Rahmen des gerade in Bearbeitung befindlichen Mobilitätskonzepts für Duisburg „Duisburg Mobil“ wird daher auch ein gesamtstädtisches Geschwindigkeitskonzept vorbereitet. Dieses soll zum einen unter den jetzigen rechtlichen Vorgaben Möglichkeiten zur Ausweitung aufzeigen, aber auch die gerade in der politischen Diskussion befindlichen flexiblen Regelung durch die unteren Straßenverkehrsbehörden auf Basis der individuellen, örtlichen Verhältnisse innerorts aufgreifen.
Die Ausführungen der Stadt Duisburg sind nach meiner Prüfung aus verkehrstechnischer und –rechtlicher Sicht aufsichtlich nicht zu beanstanden. Insofern kann die von Ihnen angeregte Änderung der Beschilderung bzw. Integration des Flutweges in die Tempo-30 Zone nicht verwirklicht werden.
Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass die Stadt Duisburg sich der „Notwendigkeit der Mobilitäs- und Verkehrswende“ bewusst ist und die dafür nötigen Maßnahmen, welche ebenso in Ihrem Interesse sind, anstrebt. Die Verkehrssicherheit ist dabei, insbesondere für die schwachen Verkehrsteilnehmer, von besonderer Bedeutung.