Schon im letzten Jahr stellte ich einen Antrag an die Stadt, die Heerstraße endlich sicher für Radverkehr zu machen. Es gab Vertröstungen und als ich Einblick wollte, gab es keine Reaktion mehr. Ob das alleine daran lag, dass die betreffende Person nicht mehr bei der Stadt arbeitet, vermag ich nicht zu sagen.
Nachdem ich nun einen Rechtsanwalt eingeschaltet habe bekam ich dann doch mal eine Antwort von der Stadt. Man sieht keine ausreichende Betroffenheit bei mir. Tja man ist wohl nicht ausreichend betroffen, wenn man auf dem Fahrrad genötigt und bedroht wird, weil man sich nicht in Dooringgefahr begibt. Ob man Betroffen ist oder nicht bewerten im Zweifelsfall die Gerichte und die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung sieht das anders als die Stadt Duisburg.
Ebenfalls heißt es „…kommt die Stadt Duisburg aus fachlicher Sicht weiterhin zu dem Ergebnis, dass bezüglich der beschriebenen Verkehrssituation keine akute Gefährdung für Radfahrende besteht.“
Man wolle weiterhin prüfen, was mir aber zu vage ist. Das ist so ein Vertrösten, dass irgendwann etwas passieren würde. Ich bevorzuge eine klare Perspektive mit zeitlicher Einordnung. So eine Art Projektplan. Aber zumindest konnte ich über den Rechtsanwalt mal Akteneinsicht bekommen (20.05.2022). Und das war schon erhellend, was da so in den Akten drin steht.
Erst einmal fiel auf, dass etliche Schriftwechsel auf dem Zeitraum nach dem ersten Schreiben meines Rechtsanwalt datieren. Man hatte zwar vorher schon etwas gemacht, aber scheinbar kam hier dann doch etwas mehr Handlungsdruck rein. Schlussfolgerung, bereits das Schreiben durch einen Rechtsanwalt ist manchmal sinnvoll.
Aus einem Vermerk vom 15.07.2021 kann man entnehmen: „In Fahrtrichtung Süden wird der Radverkehr zwischen dem an der Zirkelstraße endenden baulichen Radweg und dem an der Bungertstraße beginnenden Radfahrstreifen im Mischverkehr geführt. Die Anlage eines Radfahrstreifens ist bei Neuordnung der Querschnittsaufteilung und Versatz des Parkens von der rechten Fahrbahn halbseitig in den breiten Seitenraum möglich.
Hinsichtlich der Umsetzung werden keine Schwierigkeiten gesehen.“
Es ist aber nicht klar, ob man das mit dem zuvor genannten Zeithorizont für die Gegenrichtung sieht: „Allerdings ist eine Umsetzung frühestens nach 2025 zu rechnen.“
Das fände ich dann doch deutlich zu lange.
Auffällig war in den Unterlagen mangelnde Rechtskenntnis der Stadt Duisburg: „Durch diese Formulierung […] suggeriert Herr Scharfenort ja, dass nach § 45 StVO ein Antragsrecht durch die Bürgerschaft (sozusagen analog zum § 24 GO) besteht. Soweit ich das verstehe regelt der § 45 StVO ja aber im Wesentlichen die Kompetenzen und das Innenverhältnis von Straßenverkehrs- und -baubehörde. Oder gibt es tatsächlich eine Frist, nach der die Straßenverkehrsbehörde verklagt werden könnte, wenn sie auf Gefahrenhinweise nicht tätig wird?“
Im Verwaltungsverfahrensgesetz steht das eigentlich ganz genau drin. Insbesondere die Fristen bei einem Antrag an die zuständige Stelle. Hier ist zu Bescheiden.
Viel bedenklicher fand ich allerdings diese Passage im selben Schreiben: „Übrigens: In den aktuellen StreetSmart-Aufnahmen vom 3.5.21 kann man den Abschnitt gerade ‚durchfahren‘ während sowohl ein Radfahrer als auch ein Aufnahmefahrzeug auf die linke Spur wechselt.“
Gemeint waren nach meiner Einschätzung Bilder, welche zeigen, wie ein Radfahrer mit wenigen Zentimetern Abstand zu den parkenden Fahrzeugen fährt (extreme Dooringgefahr) und zeitgleich von einem Taxi bzw. dem Aufnahmefahrzeug unter möglicher Unterschreitung des Mindestabstandes (1,50 m) überholt wurde.
Diese Anmerkung zeigt in meinen Augen mehr als deutlich, dass man von der Thematik Dooring keine Ahnung hat und auch den Mindestabstand ignoriert. Legales ‚durchfahren‘ ist dort definitiv nicht möglich. Es ist also nicht verwunderlich, wenn man hier zu einer Fehleinschätzung kommt.
An anderer Stelle in den Unterlagen wird die Frage aufgeworfen, ob ich mich denn an § 1 StVO (gegenseitige Rücksichtnahme) halten würde. Mein Anliegen ist ja u. a. die Rücksichtnahme, die mir durch Blockieren der Fahrspur nicht möglich ist, weil Parkraum dazu führt, dass man alles blockiert. Ist ja auch nicht mein Anliegen möglichst viele PKW zu blockieren, sondern stressfrei und sicher mit dem Fahrrad zu fahren. Letztendlich dient eine saubere Lösung auch der Rücksichtnahme. Wobei Rücksichtnahme immer nachrangig zur Sicherheit ist.
Obwohl im Schreiben an meinen Rechtsanwalt behauptet wird, dass keine akute Gefährdung bestünde, fand ich in den Unterlagen keinerlei Gefährdungsbeurteilung oder ein anderes Dokument, was klar die Gefährdungslage ausdifferenziert. Mir als Arbeitsschützer stellt sich die Frage, wie man ohne Gefährdungsbeurteilung, überhaupt eine Gefährdung bewerten will. Dazu müsste man ja erst einmal alle Faktoren und Einflüsse betrachten. Es wurde lediglich betrachtet, was bisher passiert ist an Unfällen, was aber nach einschlägiger Rechtsprechung keinen Ausblick auf die reale aktuelle Gefährdung ermöglicht. Denn nur weil bisher nichts passiert ist, heißt es nicht, dass dies auch so bleibt. Oft ist es nur Glück, dass bisher nichts passiert ist. Zumal es laut den Unterlagen am 31.07.2017 bereits einen Dooringunfall auf der Heerstraße gab. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist zwar eher geringer, allerdings sind die Auswirkungen teilweise tödlich. Damit liegen tödliche Unfälle jederzeit im Bereich der Möglichkeit. Ich würde dies als schwer fehlerhafte Rechtsabwägung bewerten, da man die Gefährdung gar nicht richtig bewertet hat. Die Stadt Duisburg behauptet also völlig unbasiert, dass keine Gefährdung bestünde. Um das behaupten zu können, müsste man klar belegen, wie man zu diesem Schluss kommt. „Is ja noch mal gut gegangen, ist keine Abwägung. Es ist auch nicht das erste Mal, dass man irgendwo eine Gefährdung sieht oder auch nicht, aber dafür keinerlei Dokument hat, wie man zu diesem „Schluss“ gekommen ist. Finde das schon sehr seltsam, wenn man so nach Bauchgefühl geht.
Ich werde mich jetzt erst einmal mit dem Rechtsanwalt beraten, wie es weiter geht.
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