#VisionZero: Falscher Ansatz statt Arbeitsschutz in DGUV Information 202-020 zum „toten Winkel“ – #Fahrrad #Gehweg

In der DGUV Information 202-020 – Der Tote Winkel – Gefahr erkannt – Gefahr gebannt stehen einige Sachen, die man aus meiner Sicht so nicht stehen lassen kann.

Also erst einmal werden nicht die Grundsätze des Arbeitsschutzes angewandt, sondern einfach die Gefährdung hingenommen und versucht an den Opfern der Gefährdungen Maßnahmen durchzuführen und das Verhalten zu ändern, obwohl der Stand der Technik klar technische Lösungen sind. Es hat eher den Charakter einer Indoktrination, dass man den „toten Winkel“ als unveränderlich gegeben hinnehmen soll.

Man solle den Aufenthalte im „toten Winkel“ meiden. Bloß liegt das leider oft nicht in der eigenen Macht, wenn man sich an die Verkehrsregeln hält. Ich persönlich stelle mich an einer Ampel mittig auf die Fahrbahn, sodass ich definitiv nicht im „toten Winkel“ stehe, allerdings machen das nicht alle so.

Der Absatz stimmt nicht:
„Der Begriff „Toter Winkel“ beschreibt Bereiche rund um ein Fahrzeug, die Fahrzeugführende nicht oder schlecht über direkte und/oder indirekte Sicht (zum Beispiel Spiegel oder Kamerasysteme) einsehen können. Je größer das Fahrzeug ist, desto größer ist auch der Tote Winkel.“
Bei großen LKW gibt es zig Spiegel und genaue Vorgaben, dass nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf. Allerdings besteht ein erhebliches Kontrolldefizit, was die Geschwindigkeit und die Einstellung der Spiegel angeht. Zudem ist der Stand der Technik, mit entsprechenden Sensoren. Aus dem Arbeitsschutz abgeleitet müsste hier im Sinne einer Verkehrsgefährdungsbeurteilung des Ergebnis lauten, dass alle KFZ mit einer derartig erheblichen Lebensgefahr zeitnah nachzurüsten sind oder ein Fahrverbot auferlegt bekommen. Und wenn eine konkrete Lebensgefahr besteht, müssen die KFZ halt sofort stillgelegt werden. Eine derartige Forderung der Unfallversicherungen an die Politik habe ich bisher nicht mitbekommen.

Schockierend finde ich diese Aussage:
„Diese besondere Gefahr ist vie­len Radfahrenden, zu Fuß Gehenden wie auch Fahrzeugführen­den nicht immer bewusst, aber ständig präsent – trotz verbes­serter Technik und Gesetzgebung.“
Wenn man am Steuer eine tonnenschweren Maschine sitzt, von der eine konkrete Lebensgefahr ausgeht und dann nicht einmal die Regeln kennt, stellt sich doch wohl eher die Frage, warum die Person überhaupt am Steuer sitzen darf. Die ist völlig ungeeignet eine derartig gefährliche Maschine zu bedienen.

Mal davon abgesehen, dass LKW für gewöhnlich schneller als Fahrräder gefahren werden. Das heißt vor der Kreuzung überholen LKW-Fahrende Radfahrende, wenn sie danach einfach abbiegen, dann liegt es nicht am „toten Winkel“, sondern mangelhafter Konzentration und Aufmerksamkeit der Person am Steuer. Zudem wird oft mit viel zu geringen Abstand überholt und Radverkehr zusätzlich gefährdet.

Eine weitere Maßnahmen, die ich bisher nie las, war die Forderung die Kurven so zu gestalten, dass kein schnelles Abbiegen möglich ist. Dies verringert die Gefahren. Ebenso unterschiedliche Schaltzeiten.

Was den „toten Winkel“ hinter dem KFZ angeht, so gibt es auch hier klare Vorgaben in StVO § 9
„(5) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.
(6) Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn auf oder neben der Fahrbahn mit geradeaus fahrendem Radverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.“

Diese werden halt nur leider sehr oft nicht eingehalten. Die Rechtsdurchsetzung im Verkehrsbereich ist mangelhaft. Der günstige Transport von Waren wird mit Menschenleben subventioniert.

Die Ratschläge, dass man auf den Vorrang verzichten soll finde ich daneben, zumal der Ratschlag fehlt, sich mittig auf die Fahrspur zu stellen, sodass ein „übersehen“ definitiv nur vorsätzlich erfolgen kann. Etwa, weil man mit dem Handy am Steuer spielt.

Was auch helfen würde wären Durchfahrverbote für LKW. In Duisburg gibt es viel Logistik, aber die Stadt will nichts unternehmen, trotz der offensichtlichen Gefahren. Dabei könnte man den Logistikdurchgangsverkehr aus Bereichen problemlos ausschließen.

Für die DGUV ist die Maßnahme jedenfalls sehr peinlich, da nur personenbezogenen Maßnahmen bei den gefährdeten vorgeschlagen werden. Natürlich ist das Bewusstsein der Gefährdung nicht unwichtig, aber Gefährdungen bekämpft man an der Quelle, also am Steuer des LKW. Ansonsten muss es technische (Sensorik) und organisatorische Maßnahmen (Fahrverbote) geben. Darüber hinaus gibt es erhebliche Defizite bei Kontrollen und Sanktionen. Würde man also wirklich die Gefährdung bekämpfen wollen, wären ganz andere Maßnahmen notwendig.

LKW beim Rechtsabbiegen in einer engen Wohnstraße.

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