Unpiratiger GO-Vorschlag zur Einschränkung der Redefreiheit

Vor kurzem ging ein Vorschlag für eine GO für den Bundesparteitag über die NRW Info Liste (Stand 17.11.). Der Vorschlag enthält zwar einige sicherlich sinnvolle Punkte aber aber auch eine Einschränkung der Redefreiheit, welche als Teil des Grundrechtes der Meinungsfreiheit von Piraten besonders hoch gehalten werden muss.

§ 5 Versammlungsleitung

(3) Dem Versammlungsleiter obliegt die Einhaltung der Tagesordnung inkl Zeitplan Dazu teilt
er Rederecht inkl Redezeit zu bzw entzieht dieses, wobei eine angemessene inhaltliche wie
personale Diskussion und Beteiligung der einzelnen Piraten sichergestellt werden muss. Jedem …

Kling für mich ziemlich diktatorische zumal kein Rahmen vorgegeben ist, wie und warum der Entzug der Redezeit stattfinden soll. Hier ist Willkür Tür und Tor geöffnet.

§ 8 Kandidaturen
(1) Für die Aufstellung zur Wahl des Bundesvorstands ist die Unterstützung der Kandidatin von
mindestens 20 akkreditierten Piratinnen notwendig

Also kann sich nicht mehr jeder Wahl stellen. Sprich Einschränkung der Wahlmöglichkeit.

§ 8 Kandidaturen
(2) Für die Aufstellung zu sonstigen Personenwahlen, mit der Ausnahme der Versammlungsäm-
ter, ist die Unterstützung der Kandidatin durch mindestens 10 akkreditierte Piratinnen notwen-
dig

Warum ist die Unterstützung durch andere anwesende Piraten notwendig?

§ 8 Kandidaturen
(3) Die Unterstützungsunterschriften sind schriftlich und gesammelt bei der Wahlleitung ein-
zureichen. Sie müssen enthalten: Namen des Kandidaten, sowie Namen und Unterschrift aller
Unterstützerinnen Sie werden ins Wahlprotokoll aufgenommen Die Unterstützungsunter-
schriften werden zusammen mit dem Wahlprotokoll und Stimmunterlagen archiviert – aber nicht
veröffentlicht.

Das ist ja genau, die Barriere, welche die Piraten bei zum Beispiel Landtagswahlen bemängeln und da sollen wir so einen Schrott bei unserem eigene Parteitag verwenden.

§ 15k Schließung der Redeliste
(3) Die Redeliste wird nach 10 Wortbeiträgen automatisch geschlossen Der Versammlungsleiter
kann diese Schließung aufheben GO-Anträge zählen nicht als Wortbeiträge

Warum muss die Redeliste automatisch geschlossen werden? Welcher Sinn steckt dahinter. Zumal u.U. eine Argument erst nach diesen 10 Beiträgen gebracht wird und ein einzelner dann keine Möglichkeit mehr hat sich einzubringen.

§ 15l Wiedereröffnung der Redeliste
(1) Jede Piratin kann einen begründeten GO-Antrag auf Wiedereröffnung der Redeliste stellen,
falls die Redeliste geschlossen ist

Und wie soll so ein begründeter GO-Antrag aussehen?

§ 15l Wiedereröffnung der Redeliste
(3) Wurde ein GO-Antrag auf Wiedereröffnung der Redeliste angenommen, so wird die Redeliste
für einen kurzen Moment wieder eröffnet. Alle Rednerinnen müssen sich unverzüglich melden.
Die Redeliste gilt danach wieder als geschlossen

Was genau ist ein kurzer Moment? Gefühlt wären das für mich 2 Sekunden und in der Zeit wird es kaum einer schaffen bis nach vorne zu kommen. Hier wird durch schwammige Formulierungen die innerparteiliche Demokratie und Meinungsfreiheit untergraben.

§ 15m Schluss der Debatte
(1) Ein GO-Antrag auf Schluss der Debatte bewirkt eine sofortige Beendigung der Debatte Red-
ner, die auf der Rednerliste stehen, werden nicht mehr gehört

Wie? Keine Abstimmung, wenn müsste dies auch an dieser Stelle stehen.

Bei der GO scheint es nur auf Effizienz hinaus zulaufen. Hat mich verwundert, dass hier nicht auch Delegierte erwähnt werden, aber das wäre dann nur eine Frage der Zeit. Allein so eine GO vorzulegen finde ich schon ein Unding.
Soweit der GO-Vorschlag von Florian Bokor aus Sachsen

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4 Responses to Unpiratiger GO-Vorschlag zur Einschränkung der Redefreiheit

  1. Sven Krohlas sagt:

    Warst du schon einmal auf einem BPT? Die meisten deiner Kritikpunkte kommen daher, dass du die Abläufe offensichtlich nicht verstehst…

    1. Versammlungsleitung: enthält wirklich nichts neues. Das sind nunmal die grundlegenden Aufgaben einer jeden Versammlungsleitung.

    2. Hürden für diverse Ämter und Kandidaturen: sind wirklich nötig, um Trollerei zu verhindern, die allen Teilnehmern, der Partei und unserem Programm schadet. Mit den Unterstützerunterschriften für Wahlen hat dies nichts zu tun, mit ein paar zusätzlichen Einträgen auf einem Stimmzettel wird niemandem Schaden zugefügt.

    3. Rednerliste: Die wird sowieso in der Praxis nach ein paar Beiträgen geschlossen. Dieser Automatismus sorgt einfach für einen flüssigeren Ablauf.

    4. Begründeter Go-Antrag: ein begründeter Go-Antrag sieht so aus wie ein begründeter GO-Antrag eben aussieht: Man geht zu einem Mikro und sagt zwei, drei Sätze dazu, warum man diesen GO-Antrag stellt.

    5. Schluss der Debatte: Hier gebe ich dir Recht, der Minderheitenschutz muss gewahrt bleiben. Das heißt es müssen über 95% der Anwesenden dem Debattenende zustimmen.

  2. ulrics sagt:

    Ja ich war schon mal auf einem BPT und auch ein paar LPT.
    Ich finde es ja immer wieder faszinierend, was andere offensichtlich erkennen zu vermeinen können, ob ich etwas verstehe oder nicht.

    zu 1. Ich kann mich nicht entsinnen, dass ein Versammlungsleiter Redezeit zugeteilt hat. Das würde nämlich heißen der Versammlungsleiter entscheidet über die zustehende Redezeit.

    zu 2. Das sind im Prinzip sogar höhere Hürden, als bei den Unterschriftensammlungen für Wahlen, denn diese müssen nicht innerhalb kürzester Zeit auf einem Parteitag gesammelt werden. Sprich, nur wer eine ausreichend große Klicke mitbringt hat eine Chance. Das wär doch absurd eine innerparteiliche „5 % Hürde“ einzuführen und gleichzeitig die Abschaffung von Hürden bei Wahlen zu fordern.

    zu 3. Die Rednerliste wird durch eine Abstimmung geschlossen. Alles andere ist undemokratisch. Ich bezweifel zudem, dass diese Regelung insbesondere bei umstrittenen Anträgen für einen flüssigeren Ablauf sorgen kann. Würde hier eher das Gegenteil vermuten.

    zu 4. Die Frage war rhetorisch gemeint. Mir ging es darum, dass Neulinge eben nicht wissen wie ein derartiger Antrag auszusehen hat und für eine umfassende Teilhabe sollten so schwammige Formulierungen vermieden werden.

  3. naja, ein gewisses Quorum als Trollschutz ist doch okay, wer nichtmal 20 Stimmen bringen kann hat sowieso keine Chance.

    • ulrics sagt:

      Bei Direktkandidaten für Wahlen sind es auch nur 100 Unterschriften. Das ist eine ziemlich Hürde. Wenn wir bei Wahlen Barrierefreiheit fordern aber auf unseren Parteitagen dies nicht ausüben ist das einfach Falsch. Trolle hin oder her.

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