Vor einiger Zeit hatte ich mich gefragt, ob die Preiserhöhung für Trinkwasser durch die Stadtwerke Duisburg gerechtfertigt ist.
Sowohl von den Stadtwerken selber erhielt ich eine Antwort, als auch von der zuständigen Kartellbehörde, dem Landeswirtschaftsministerium NRW.
Nachfolgend gebe ich die Antwort der Kartellbehörde zumindest in Auszügen wieder. Falls bei anderen vergleichbare Fragen bzgl. der Wasserpreise auftreten, gibt es einen Anhaltspunkt. Diese etwas ausführlichere Antwort gibt inhaltlich den gleichen Sachstand, wie bei den Stadtwerken wieder führt aber mehr Informationen an.
…die Geschäftsführung der Stadtwerke Duisburg zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.
In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, dass die Stadtwerke seit 2004 den Wasserpreis konstant gehalten hätten. Die letzte Preisanpassung resultierte ausschließlich aus der Einführung des Wasserentnahmeentgelts in NRW.
Anhand signifikanter Preisindizes des Statistischen Bundesamtes (Indexentwicklung 2012 gegenüber 2001) ließe sich belegen, dass sich wesentliche Aufwandspositionen erheblich geändert hätten, so z.B. die Erzeugerpreise gewerbliche Produkte (Inlandsabsatz, gesamt), die um 26,8 % gestiegen seien sowie die Tariflöhne der Energie- und Wasserversorgung: der Anstieg beträgt + 29,6 %. Auch andere Positionen, wie z.B. die Energiekosten, seien deutlich gestiegen. Dadurch habe sich eine nicht unerhebliche kalkulatorische Unterdeckung der Wassersparte ergeben.
Die Preisanpassung vom 01.07.2012, die die Kostensteigerung nicht vollständig abfange, bedeute eine Erhöhung der jährlichen Grundpreise pro Zähler um 12 Euro und pro angeschlossener Wirtschaftseinheit um 9,40 Euro. Andere Preisbestandteile seien nicht angepasst worden. Dies führe bei einem durchschnittlichen Haushaltskundeverbrauch zu einer jährlichen Preissteigerung in Höhe von etwas 6,6 %.
… Erfahrungsgemäß könnte ein Grund in einem besonders geringen Verbrauch liegen, so die Stadtwerke, bei dem sich dann die Anhebung des Grundpreises stärker auswirke als bei einem Durchschnittsverbrauch.
Aus Sicht der Energiekartellbehörde stellt sich die Sachlage wie folgt dar. Die Argumente der Stadtwerke zur Grundpreiserhöhung sind wegen der Unterdeckung nachvollziehbar. Dies wird auch durch die Ergebnisse des Wasserbenchmark NRW von Rödl & Partner, an dem die Stadtwerke Duisburg seit Jahren teilnehmen, deutlich.
Das Projekt „Benmarking Wasserversorgung in Nordrhein-Westfalen“ mit Rödl & Partner wird auch von der Landesregierung unterstützt, gemeinsam mit dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU), dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Dahinter steht der Gedanke, dass eine gesicherte, auf dem Vorsorgeprinzip beruhende und dem Gebot der Nachhaltigkeit folgende Versorgung der Bevölkerung, der Industrie und des Gewerbes mit einwandfreiem Trink- und Brauchwasser in stets guter Qualität und in ausreichender Menge unerlässlich ist. Das Projekt befindet sich bereits in der fünften Runde.
Das Benchmarkprojekt vergleich struktur- und prozessbezogene Unternehmenskennziffern der nordrhein-westfälischen Wasserversorger. Hierbei wird mit Kennzahlen gearbeitet, mit Hilfe derer der Standort des Wasserversorgers, sein „Ranking“, ermittelt wird. Dieser landesweiter Vergleich kann auch im Bereich der Wasserversorgung einen geeigneten Maßstab zur angemessenen Preisgestaltung darstellen. Die ca. 100 teilnehmenden Unternehmen decken über 85 % der gesamten nordrhein-westfälischen Wasserabgabemenge ab.
Ein landesweiter Überprüfung der Trinkwasserpreise hat es in Nordrhein-Westfalen nicht gegeben, da sich die Landesregierung am o.g. Wasserbenchmarking NRW beteiligt. Jedoch kann die Energiekartellbehörde die Preise eines Wasserversorgers überprüfen, wenn der konkrete Verdacht einer missbräuchlichen Preisfestsetzung durch privat-rechtlichen Verdacht besteht. Sie tut dies auch, …, beim Vorliegen einer Verbrauch- bzw. Bürgerbeschwerde.
Die Ergebnisse des Wasserbenchmarks sehen für die Stadtwerke Duisburg wie folgt aus. Aus vier typisierten Standardfällen (Haushalt mit 150 m³ Jahresverbrauch, Haushalt mit 400 m³ Jahresverbrauch, 3 Pers.-Haushalt im Einfamilienhaus, 3 Pers.-Haushalt im Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten) wird deutlich, dass die Preise der Stadtwerke Duisburg, z.T. deutlich, unter den Mittelwerten der weiteren Wasserversorger in der Vergleichsgruppe liege.
Eine kartellrechtlich relevante. d.h. missbräuchliche Preisstellung vermag ich nicht zu erkennen.
Die Trinkwasserversorgung ist generell betriebswirtschaftlich dadurch gekennzeichnet, dass die Kosten zu einem großen Teil als Fixkosten vom tatsächlichen Verbrauch unabhängig sind und nur zu einem geringen Teil mit stärkerem Wasserabsatz steigen. Es wird von einem Fixkosten-Anteil von 70 % – 85 % ausgegangen. Inwieweit diese Fixkosten durch einen festen Grundpreis gedeckt oder auf den wasserverbrauchsabhängigen Mengenpreis umgelegt werden, ist eine politische Entscheidung des jeweiligen Versorgers. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass vom Wasserpreis das Signal ausgehen soll, dass Wasser prinzipiell eine kostbare Ressource ist.
Im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch von besonderer Bedeutung, dass der Wasserabsatz in Deutschland seit längerer Zeit sehr stark rückläufig ist. Noch 1970 wurde für das Jahr 2000 ein Anstieg des Verbrauchs von 140 Litern auf 220 Litern angenommen und prognostiziert. Dementsprechend haben viele Wasserversorgungsunternehmen ihr Leitungsnetz – aus heutiger Sicht überdimensioniert – ausgebaut.
Die Ursachen der angesprochenen rückläufigen Entwicklungen liegen
– in den überdurchschnittlichen Bevölkerungsrückgängen (demografischer Wandel)
– in den möglichen Verlust bedeutender industrieller Wasserabnehmer, z.B. Strukturwandel (im Ruhrgebiet)
– in dem geringer werdenden Verbrauch aufgrund von – im Prinzip zu begrüßenden – Einsparbemühungen privater und gewerblicher Abnehmer.Wegen der dargestellten weitgehend von der Wassermenge unabhängigen Kostensituation des Wasserversorgers (so ist ein Rückbau von Leitungen oder Wasseraufbereitungsanlage technisch sehr schwierig oder unmöglich) muss ein gleichbleibend hoher Kostenblock auf eine immer geringer werdende Absatzmenge umgelegt werden, wass zwangsläufig zu einer ungünstigen Preissituation führt.
Für die Trinkwasserversorgung sind die Verbrauchsrückgänge und in deren Folge die geringere Auslastung der Rohrnetze problematisch, da dies zu geringerer Fließgeschwindigkeit in den Rohrnetzen führt und damit die Verweildauer des Wassers in den Netzen steigt. Die kann die Trinkwasserqualität durch Verkeimung des Wassers beeinträchtigen. Wasserversorgungsunternehmen müssen deshalb präventiv die Netze spülen und/oder weitere Sicherheitsbehandlungen vornehmen, z.B. durch die zusätzliche Einspeisung von Trinkwasser in das Leitungs- und Kanalnetz, um die Fließmenge künstlich zu erhöhen. Darüber hinaus kann das in den Leitungen stockende Wasser zudem zu verstärkter Korrosion der Leitungen führen, wodurch sich das Leitungswasser in ungünstigen Netzsituationen mit Schadstoffen anreichern kann.
…
Typo im Titel. Inhalt vernünftig, aber der Titel entscheidet über den ersten EIndruck bzgl Seriösität… :/
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